Was ist Hämophilie? Definition der Bluterkrankheit
Hämophilie ist eine genetisch bedingte, nicht ansteckende Blutgerinnungsstörung, die auch als Bluterkrankheit bezeichnet wird. Das Wort „Hämophilie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Neigung zum Bluten“.
Verletzen sich Menschen mit Hämophilie, bluten sie länger als Menschen mit normaler Blutgerinnung. Die Ursache dafür ist meist erblich bedingt, da im Blut der Betroffenen ein bestimmter Blutgerinnungsfaktor in zu geringer Menge vorhanden ist. Das hat zur Folge, dass das Blut deutlich langsamer gerinnt.
Bei Patienten mit schwerer Hämophilie ist dadurch das Risiko für innere Blutungen deutlich höher. Davon sind vor allem Gelenke wie die Ellbogen, Fußknöchel oder Knie betroffen. Gleiches gilt für Muskeln, Gewebe sowie innere Organe.
Betroffen sind vor allem Männer und Jungen, da die für die Hämophilie verantwortlichen Gene auf dem X-Chromosom liegen und rezessiv vererbt werden. Frauen können das defekte Erbgut jedoch an ihre Kinder vererben und treten in erster Linie als Konduktorinnen auf.
Neben der erblich bedingten Hämophilie tritt bei etwa einem Drittel der Betroffenen die Erkrankung ohne familiäre Vorgeschichte auf. Diese Form der Hämophilie wird als “spontan” bezeichnet, da sie plötzlich auftritt.
Hämophilie ist nicht heilbar, lässt sich allerdings so gut behandeln, dass Sie ein nahezu normales Leben mit der Bluterkrankheit führen können. Die Behandlung besteht meist in der Verabreichung der fehlenden Gerinnungsfaktoren - entweder prophylaktisch oder bei Bedarf.
Formen der Hämophilie
Die Bluterkrankheit “Hämophilie” fasst mehrere Krankheitsformen zusammen. Die bekanntesten und weitverbreitetsten heißen Hämophilie A und Hämophilie B. Während sich die beiden Krankheitsverläufe kaum voneinander unterscheiden, spielt die Differenzierung in Hämophilie A und Hämophilie B eine große Rolle bei der Behandlung der Krankheit.
Bei der Hämophilie A bildet der Körper zu wenig oder keinen Blutgerinnungsfaktor VIII (Faktor 8), bei der Hämophilie B gilt das Gleiche für den Blutgerinnungsfaktor IX (Faktor 9). Hämophilie A kommt häufiger vor: 80 Prozent der Betroffenen haben diese Form der Erkrankung. In Deutschland leben ca. 4.500 Menschen damit.
Schweregrad der Hämophilie
Die Schweregrade der Hämophilie sind genetisch festgelegt. Sie werden in erster Linie durch das Ausmaß der Verminderung des jeweils betroffenen Gerinnungsfaktors bestimmt.
Eine niedrigere Restaktivität der Gerinnungsfaktoren VIII oder IX im Blut eines Patienten weist darauf hin, dass ein höheres Risiko für Blutungen besteht, sowohl bei Hämophilie A als auch bei Hämophilie B Patienten.
Die International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH) definiert verschiedene Schweregrade der Hämophilie basierend auf der Restaktivität des entsprechenden Faktors im Blut des Patienten:
- schwere Hämophilie: Restaktivität unter <1 %
- mittelschwere Hämophilie: Restaktivität 1 - 5 %
- milde Hämophilie: Restaktivität über 5-<40%
Von-Willebrand-Syndrom (vWS)
Neben Hämophilie A und B existieren noch weitere Gerinnungsstörungen, die nicht zu den klassischen Formen der Hämophilie zählen. Das Von-Willebrand-Syndrom (vWS) ist die weltweit häufigste angeborene Blutgerinnungsstörung. Beim vWS ist ein Gerinnungseiweiß, das den Namen Von-Willebrand-Faktor trägt, fehlend oder defekt ausgeprägt.
Ein funktionsfähiger Von-Willebrand-Faktor ermöglicht zum einen das Anhaften der Blutplättchen an einer verletzten Gefäßinnenwand (Endothel). Zum anderen ist der Von-Willebrand-Faktor ein wichtiges Transportprotein sowie Schutzfaktor für den Faktor VIII im Blut. Weitere Informationen zum vWF erhalten Sie hier.
Hämophilie Symptome
Folgende Symptome sind typisch für die Bluterkrankheit:
Gelenkblutungen: Blutungen in den Gelenken sind das häufigste Symptom bei Hämophilie. Sie äußern sich in schmerzhaften Schwellungen und einer eingeschränkten Beweglichkeit.
Hämatome (blaue Flecken bzw. Muskelblutungen): Stöße oder Stürze lösen ausgeprägte Blutungen im Muskelgewebe oder unter der Haut aus. Typisch bei Kindern im ersten oder zweiten Lebensjahr, die laufen lernen und entsprechend verletzungsanfällig sind.
Äußere Verletzungen: Wundblutungen - verursacht durch Verletzungen oder Operationen - lassen sich nur schwer stellen.
Organe: Auch Blutungen innerer Organe können auf eine Gerinnungsstörung hindeuten.
Diagnose von Hämophilie
Über einen Gerinnungstest kann die Menge der Gerinnungsfaktoren im Blut bestimmt und eine exakte Diagnose gestellt werden. Der Test, der nur durch ein Gerinnungszentrum bzw. Hämophiliezentrum durchgeführt werden kann, bestimmt die Aktivität (Menge) des betroffenen Gerinnungsfaktors.
Je geringer die Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII bzw. IX ist, desto größer ist die Gefahr für stärkere Blutungen sowie für spontane Einblutungen in Gelenke und Muskeln.
Behandlung von Hämophilie
Hämophilie ist nicht heilbar, lässt sich aber mithilfe guter Therapiemöglichkeiten wie zum Beispiel FVIII Substitution heute sehr gut behandeln. Oberstes Therapieziel ist die Vermeidung von Blutungen und damit die langfristige Gelenkgesundheit.
Eine individuelle Behandlung berücksichtigt u. a. den Schweregrad der Hämophilie, körperliche Aktivitäten, den Gelenkstatus und das Pharmakokinetik-Profil genauso wie die persönliche Lebenssituation des Patienten.