Hämophilie – was ist das?

Was ist Hämophilie?

Menschen, die ihre Hämophilie nicht behandeln, bluten länger, wenn sie sich verletzen. Z. B. wenn du dir in den kleinen Finger schneidest. Dein Blut gerinnt dann nicht so schnell. Das bedeutet, dein Körper bildet nur langsam oder gar keinen festen Wundverschluss, z. B. eine Kruste. Die Kruste ist aber wichtig, denn sie sorgt dafür, dass kein weiteres Blut mehr aus deiner Wunde herausläuft. Damit sich die Wunde schließt, erhalten Menschen mit Hämophilie deshalb Medikamente. Diese helfen deinem Körper, die Kruste zu bilden.


    Die Hämophilie ist nicht ansteckend. Sie wird aber in der Familie weitergegeben – also vererbt. Genauso wie du vielleicht z. B. deine Augen- oder Haarfarbe von deinen Eltern geerbt hast. Das heißt: Manche Kinder haben die Hämophilie von ihren Eltern mitbekommen – und geben sie vielleicht später wieder an ihre eigenen Kinder weiter. Heute kann man prima mit Hämophilie leben. Denn die Erkrankung ist hervorragend erforscht und es gibt wirksame Medikamente.


    Die Körpermerkmale werden über die so genannten Gene bestimmt und vererbt. Einige Gene bestimmen, wie schnell das Blut gerinnen und Krusten bilden kann. Und genau hier entsteht Hämophilie: Wenn eines der „Blutgerinnungs-Gene“ einen Fehler hat, gerinnt das Blut zu langsam. Bei Hämophilie A ist das Gen für den Gerinnungsfaktor VIII fehlerhaft.

    Die Vererbung läuft bei der Hämophilie nach einem ganz bestimmten Gesetz ab:

    1. Nur Mütter können die Krankheit übertragen.
    2. Die Mütter selber erkranken nicht an der Hämophilie, weil sie das Gen für FVIII in doppelter Ausführung haben. Ist eines davon fehlerhaft, haben sie trotzdem ein gesundes Gen und damit meistens ausreichend FVIII. Frauen mit einem defekten FVIII-Gen nennt man Trägerinnen oder Konduktorinnen.
    3. Jungen und Männer haben nur ein Faktor VIII-Gen. Wenn die Söhne einer Konduktorin das defekte Gen erben, erkranken sie an Hämophilie. Da die Mutter aber nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ihr gesundes FVIII-Gen weitergibt, sind in Familien mit mehreren Söhnen meist nicht alle von Hämophilie betroffen.
    4. Und die Töchter? Sie bekommen nur in Ausnahmefällen Hämophilie, können aber ebenfalls Trägerinnen werden.
    Stammbaum-Haemophilie Vererbung Beispiel 1
    Stammbaum-Haemophilie Vererbung Beispiel 2

    Noch einmal zusammengefasst: Nur Jungs und Männer haben Hämophilie. Mädchen und Frauen erkranken normalerweise nicht, geben aber die Krankheit häufig weiter. Das Schema auf dieser Seite zeigt dir noch einmal, wie die Hämophilie vererbt werden kann.

    Ist Hämophilie selten? Ja! In Deutschland gibt es etwa 4.000 Jungs und Männer mit Hämophilie.


    Bei einer blutenden Wunde beginnt der Körper automatisch, die Blutung zu stoppen. Und das geht so: Zuerst zieht sich das verletzte Blutgefäß (also die Ader) zusammen. Dadurch verringert sich der Blutfluss und der Körper verliert weniger Blut. Anschließend beginnt ein Verklumpungs-Vorgang – man nennt das die Blutgerinnung. An der beschädigten Stelle wird dabei flüssiges Blut zu klumpigem Blut. Es entsteht eine Kruste, die dafür sorgt, dass kein Blut mehr aus deiner Wunde herausläuft. Aber wie macht der Körper das?

     

    Mit Teppich und Kleber ran an die Wunde!

    Die Kruste bildet sich in mehreren Schritten:

    1. Im Blut schwimmen viele winzige Zellen – darunter auch die so genannten Blutplättchen.
    2. Diese sammeln sich an der Verletzung, legen sich wie ein Teppich darüber und machen die Wunde fürs erste dicht.
    3. Damit der Plättchenteppich nicht wieder wegschwimmt, bildet sich darüber ein feines Klebstoff-Netz. Das besteht aus so genanntem Fibrin.
    4. Jetzt ist die Kruste fertig und die Blutung gestoppt.

     

    Die Blutgerinnungsfaktoren – echte Mannschaftsspieler

    Doch damit die Plättchen und das Fibrin einen dichten Teppich bilden können, müssen auch die sogenannten Blutgerinnungsfaktoren mitspielen. Der Mensch hat 13 verschiedene Blutgerinnungsfaktoren. Die Gerinnungsfaktoren sind Eiweiße, die ebenfalls im Blut schwimmen. Sie erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Ganz einfach ausgedrückt: Sie geben die Kommandos und sagen Fibrin & Co, was zu tun ist! Dabei verstärken sich die Gerinnungsfaktoren gegenseitig in ihrer Wirkung. Und nur durch das richtige Zusammenspiel wird die Wunde schnell und zuverlässig abgedichtet.

    Der Ablauf der Blutgerinnung ist wie bei einem Domino-Spiel:

    • Wenn alle Steine richtig stehen und der Erste angestoßen wird, fallen die anderen auch um. In unserem Beispiel machen sie die Wunde dicht.
    • Wenn aber einer oder mehrere Steine fehlen oder falsch stehen – wie bei der Hämophilie – stoppt die Kettenreaktion. Die Wunde wird nicht richtig verschlossen.
    dominosteine

    Das Ziel: Fibrin Marsch, Blutung Stopp!

    Diese Kettenreaktion nennen die Experten auch Gerinnungskaskade. Wenn sie erfolgreich abläuft, ist am Ende genug Fibrin da. Erst dann wird die Wunde richtig abgedichtet.


    Das hast du bereits gelernt: Die Blutgerinnungsfaktoren sorgen gemeinsam dafür, deine Wunden zuverlässig zu verschließen. Um sie zu unterscheiden, sind  die Blutgerinnungsfaktoren einfach durchnummeriert – von 1 bis 13 in römischen Ziffern.

    Fehlen entweder der Faktor VIII oder der Faktor IX im Blut – oder ist zu wenig davon vorhanden – kommt es zur Hämophilie. Ärzte sprechen auch von einer Blutgerinnungsstörung.

     

    Zwei Arten der Hämophilie

    Es gibt hauptsächlich zwei Arten der Hämophilie, je nachdem welcher Gerinnungsfaktor fehlt.

    1. Ist zu wenig oder kein Blutgerinnungsfaktor VIII, also acht, vorhanden, stellt der Arzt eine Hämophilie A fest.
    2. Ist dagegen der Blutgerinnungsfaktor IX (neun), betroffen, spricht man von einer Hämophilie B.

    Am häufigsten ist Hämophilie A mit 80% aller Fälle. Beide Hämophiliearten können in verschiedenen Schweregraden auftreten, die davon abhängen, wie viel funktionsfähiger Blutgerinnungsfaktor im Blut zirkuliert. Die Behandlung ist je nach Schweregrad unterschiedlich.

     

    Damit nichts Schlimmes passiert, wenn du dich verletzt

    Du weißt: Jungs mit Hämophilie A fehlt der Blutgerinnungsfaktor VIII oder er ist nur geringfügig vorhanden. Bei einer Verletzung, also z. B. wenn du hinfällst und eine Wunde hast, kann der Körper die Blutung nicht von alleine stoppen. Daher muss der fehlende Faktor VIII oder ein anderes Medikament von außen gegeben werden. Damit der Körper ganz normal mit der notwendigen Blutgerinnung auf eine Verletzung reagieren kann, ist die regelmäßige Behandlung so wichtig, auch wenn sie vielleicht manchmal nervt. Sprich mit deinem Arzt im Hämophilie-Zentrum über deine Behandlungsmöglichkeiten. Mit einer vorbeugenden Behandlung bist du in der Regel gut vor Blutungen geschützt. Dafür können eine oder mehrere FVIII-Gaben notwendig sein.